Pressemitteilung

KVN Vorstand lehnt die Festlegung der neuen TI-Pauschalen für Arzt - und Therapeutenpraxen ab

„Mit einer technischen Umsetzungsfrist von drei Tagen und ihrem strafenden Charakter wirken die Regelungen des Bundesgesundheitsministeriums realitätsfern und unprofessionell“

 

Der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN) hat die Festlegung der Kostenerstattung für die digitale Vernetzung von Arzt– und Therapeutenpraxen durch das Bundesgesundheitsministerium (BMG) scharf kritisiert. „Die Festlegungen durch das BMG zeigen aufgrund der dreitägigen Umsetzungsfrist, dass das BMG sich weder für reale Umsetzbarkeit, noch für konstruktive Zusammenarbeit interessiert.“ urteilt die bei der KVN für die Digitalisierung zuständige Vorständin Nicole Löhr. „Wir als Verwaltung haben keine realistische Möglichkeit, diese Bestimmungen wie gefordert umzusetzen. Das Verhalten des BMG ist aufgrund der Unmöglichkeit einer fristgerechten Umsetzung nicht konstruktiv. Dies auch vor dem Hintergrund, dass dem BMG bekannt war, dass eine Berechnung und Auszahlung nach neuen Parametern für mehrere tausend Praxen natürlich technisch umgesetzt werden muss. Wir brauchen zumindest Übergangsfristen.“

 

Da sich die Spitzenverbände der Ärzte und der Krankenkassen nicht über die Höhe der Erstattungen einigen konnten, die den Praxen für den Anschluss an die Telematk – Infrastruktur gezahlt werden soll, hat das Bundesgesundheitsministerium diese Pauschale nach eigenem Ermessen festgelegt. Die BMG – Vorgaben haben es in sich:

  • Ohne Übergangsfrist gelten die neuen Regelungen ab dem 1. Juli dieses Jahres.
  • Fehlt auch nur eine der geforderten Anwendungen, wird Ihnen die Pauschale um die Hälfte gekürzt.

 

Löhr ärgert sich auch über den „strafenden Charakter“ der BMG–Festlegungen. Kann eine Praxis auch nur eine der geforderten Anwendungen nicht umsetzen, wird die Pauschale um die Hälfte gekürzt. „Die Praxen haben darauf aber keinen Einfluss. Teilweise werden die Anwendungen durch die Industrie nicht fristgerecht geliefert. Aber die Softwarehersteller belegt unser Gesundheitsminister nicht mit Sanktionen“, moniert Löhr. „Die Praxen sollen es allein ausbaden. So werden nicht Marktmechanismen gestärkt, sondern nur die Kassenfinanzen stabilisiert. Manche Anwendungen sind nicht verpflichtend, haben kaum Anteil an den Gesamtleistungen der Praxis–IT oder sind für manche Berufsgruppen nicht relevant – wie etwa das eRezept für Psychotherapeuten. Eine Kürzung der Erstattung um 50 Prozent bei Fehlen einer Anwendung ist da völlig unverhältnismäßig."

 

Die Digitalexpertin wendet sich nicht gegen die Pauschalen als solche. Die vorgesehene monatliche Zahlung einer Pauschale ist für technische Leasingmodelle sicherlich sinnvoll. Bisher bilden diese allerdings die Ausnahme. Desillusioniert zeigt sich Löhr aber vom Vorgehen des Bundesgesundheitsministers. „Vor zwei Monaten noch appellierte Herr Lauterbach an die Ärzteschaft, gemeinsam mit ihm die Digitalisierung voranzubringen. Jetzt überzieht er unsere Praxen ohne Not mit Bestimmungen und Sanktionen, die ihnen nur Nachteile bringen und teilweise abwegig erscheinen. So verspielt er sich jeden Rückhalt in der Ärzteschaft.“